Lesung „Um mein Leben“ mit anschließendem Gespräch
Mo., 04.12.2023, 18 Uhr
Crespo Studio, Berliner Str. 27, Frankfurt am Main
Von Kontrolle im Alltag, der Einschränkung sozialer Kontakte über Zwangsverheiratung bis hin zu schwerer Körperverletzung oder sogar Mord – Gewalt im Namen von „Ehre“, Tradition oder Glauben hat viele Gesichter. Diese Ausprägung geschlechtsbasierter Gewalt unterscheidet sich von anderen Gewaltformen durch ihre spezifische Legitimation: Das soziale Ansehen und die Selbstachtung einer Familie werden davon abhängig gemacht, dass rigide, patriarchal geprägte Sexual- und Geschlechtsrollen befolgt werden. Wer abweicht wird beschämt, bedroht oder mit Gewalt gefügig gemacht. Betroffen sind hauptsächlich junge Frauen, Queers aber auch einzelne Männer.
Das Beratungszentrum FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht und die Beratungs- und Schutzeinrichtung VAIA! setzen sich umfassend gegen Gewalt im Namen der „Ehre“ ein: Sie unterstützen Betroffene, beraten Fachkräfte, leisten differenzierte Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und engagieren sich im 2RegionenNetzwerk, einem landesweiten Zusammenschluss von Hessischen Fachstellen gegen Gewalt im Namen von „Ehre“, Tradition oder Glauben. Da das Phänomen immer wieder kulturalisiert, in rassistischer Absicht instrumentalisiert oder als Minderheitenproblem abgetan wird, machen sie sich für eine intersektionale Perspektive stark: Sie verstehen Gewalt im Namen der ‚Ehre‘ als gesamtgesellschaftliches Problem und ihre Überwindung als vereinendes Anliegen.
Um der Perspektive Betroffener Raum zu geben, Gelegenheit zum differenzierten Austausch über Gewalt im Namen der „Ehre“ zu schaffen und aus ihrer Beratungsarbeit zu berichten, laden FIM und VAIA! ein zur Lesung mit Koschka Linkerhand, einer der Autorinnen des Buches „Um mein Leben. Ein biografischer Bericht“, mit anschließender Diskussion. Das Buch erzählt die Lebensgeschichte von Azadiya H., einer jungen lesbischen Frau aus der jesidischen Community. Ihre Geschichte ist exemplarisch für das, was viele unserer Klient*innen erlebt haben:
„Alles, was ich tue, mache ich, um meiner Cousine nahe zu sein.“ Azadiya H.s Cousine wird von ihrem Vater ermordet, weil sie ein selbstbestimmtes Leben führen will. Nach dem Ehrenmord erkennt Azadiya, dass sie ihr Leben verändern muss, um frei zu werden: als jesidische Kurdin in Deutschland, die in eine streng gefügte Gemeinschaft hineingeboren wurde; als Lesbe; als Frau, die studieren, reisen und Fußball spielen will. Jahre später verlässt Azadiya ihre Familie. In „Um mein Leben“ berichtet sie von familiärer Gewalt, behördlichen Steinen im Weg, dem Sexismus im ganz normalen deutschen Alltag – und ihrem unbedingten Willen, frei zu sein und anderen Frauen zu helfen, sich ebenfalls zu befreien.“
Mit freundlicher Unterstützung der Crespo Foundation