Die EU-Osterweiterung (mit Freizügigkeit bezüglich Aufenthalt und Arbeitsaufnahme) und prekäre wirtschaftliche Bedingungen in den Herkunftsländern haben dazu geführt, dass viele Menschen aus den neuen EU-Ländern auf Arbeitssuche nach Westeuropa kommen. Dazu gehören vor allem auch junge Frauen aus Bulgarien und Rumänien, die aufgrund großer wirtschaftlicher Not und weit verbreiteter Perspektivlosigkeit eine Erwerbstätigkeit in Westeuropa suchen. Viele sind dazu bereit oder werden dazu gedrängt, bzw. gezwungen, als Prostituierte ihren Lebensunterhalt zu sichern. Für sie gilt: Aus Armutsmigration ist Armutsprostitution geworden, die aktuell häufigste Form der Prostitution in Deutschland.
Die Perspektivlosigkeit in ihren Herkunftsländern macht die Frauen zu leichten Opfern von Händler-, Zuhälter-, Verwandtschafts- und sogenannten „Freundes“-Netzwerken. Auch Prostitutionsstättenbetreiber*innen und Vermieter*innen profitieren von dem strukturellen Machtgefälle und der wirtschaftlichen Not.
Kontrolle, Ausbeutung und Gewalt durch Dritte finden in der Armutsprostitution häufig statt. Der Mann an der Seite der Frauen ist dabei oft auch Zuhälter und Liebhaber oder Lebenspartner.
Die Lebenslage der – häufig sehr jungen – Frauen in der Armutsprostitution zeichnet sich zudem oft aus durch:
- existenzielle Not
- Gewalterfahrungen in der Familie
- Diskriminierungserfahrungen als Romnja oder Angehörige der türkischen Minderheit
- geringen Bildungsstand, z.T. Analphabetismus
- geringe Schulbildung, meist keine berufliche Bildung
- mangelnde Sprachkenntnisse, weswegen die Frauen nicht wirklich mit dem Freier etwa über den Preis oder auch über die Praktiken verhandeln können.